Dieser Beitrag dient dazu, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie viel brauchbares Trinkwasser – beziehungsweise Leitungswasser – in Österreich zur Verfügung steht und wie viel tatsächlich davon in welchen Bereichen verbraucht wird. Allgemein gilt von offizieller Stelle: in Österreich stehen jährlich rund 86 km³ (= 86 Milliarden Kubikmeter) brauchbares Wasser für Wasserkraft, Land- und Forstwirtschaft, Nutz- und Trinkwasser zur Verfügung. Dieser Menge steht der Wasserbedarf aus unterschiedlichsten Nutzungen und den regional verfügbaren Grundwasserressourcen gegenüber. Der gesamte jährliche Wasserbedarf aus Haushalten, Gewerbe, Industrie (exklusive Wasserkraft) und Landwirtschaft in ganz Österreich beträgt etwa „nur“ 3,1 km³ (= 3 Milliarden Kubikmeter). Knapp ein Viertel davon wird in Haushalten und Gewerbe genutzt, 70 % in der Industrie und 4 % benötigt die Landwirtschaft. Insgesamt nutzt Österreich nur 3,6 % des verfügbaren Wassers. Diese offiziellen Zahlen stammen aus dem Jahr 2021.
Gibt es einen Grund zur Besorgnis angesichts der klimatischen Entwicklungen?
Zunächst einmal scheint es augenscheinlich absurd, dass Österreich ein Wasserproblem haben könnte. Wir verbrauchen ja nur 3,6 % des verfügbaren Wassers. Die Haushalte spielen bei diesem Bedarf in Österreich aber nicht eine unwesentliche Rolle, wie ein folgendes Beispiel zeigen wird. Die Frage ist nur, ob und wenn ja, in wie fern unser direkter Wasserverbrauch mit den beschriebenen Wasser-Problemen zusammenhängt. Jedenfalls ist es ein höchst komplexes Thema, in welchem Naturgesetze, sowie ökonomische, ökologische, gemeinschaftliche und moralische Interessen aufeinander treffen.
Was allerdings schon beunruhigen könnte ist die Interpretation einer Grafik des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft zum Thema „Wasserbilanz Österreichs“:
In dieser Grafik ist zu erkennen, dass der Zufluss vom Ausland wesentlich geringer ist, als der Abfluss ins Ausland. Den größten Teil unseres Wassers erhalten wir durch den Niederschlag, insofern sind wir langfristig vom Regen abhängig, speziell auch deswegen, da die rapide zurück gehenden Gletscher in der warmen Jahreszeit keinen ausreichenden Puffer mehr bieten können. Was passiert mit Österreich’s Wasserbilanz, wenn der Niederschlag sinkt? In diesem Fall baut sich ein Defizit auf. Was passiert wenn dieses Defizit von Jahr zu Jahr steigt, sprich mehr Wasser abfließt und verdunstet, als herabregnet und zufließt?
Beispiel für einen Meinungs- und Interessenskonflikt zum Thema Wasser in Österreich:
Der Neusiedlersee verdunstet aktuell zunehmend. Dieses Gewässer ist ein Steppensee, der aber auch davon lebt, dass er hin und wieder einmal austrocknet und sich dann aber auch wieder naturgemäß befüllt. Wichtig dabei ist, dass sein natürliches ökologisches Gleichgewicht unberührt bleibt, sind sich zahlreiche Experten einig. Andere Meinungen hingegen sprechen davon, den Neusiedlersee (bzw. den Tourismus in der Region) zu retten, in dem man Wasser aus einem alten Donauarm aus Ungarn in den See leitet. Naturexperten warnen hingegen eindringlich vor dieser Idee, da das klare Donauwasser das empfindliche Ökosystem des Neusiedlersees massiv beeinträchtigen könnte.
Dies ist aber nur ein „kleines“ Beispiel dafür, dass durch verschiedenste Interessen menschliche Eingriffe in die Natur zu nachhaltigen Schäden führen können, die langfristig Auswirkungen auf den Wasserbedarf und das Verhältnis zu verfügbaren Wasser in Österreich haben. Wir sprechen also von absehbaren Entwicklungen und Tendenzen. Mit der richtigen nachhaltigen Herangehensweise, unter Berücksichtigung ökologischer Prozesse welche die Natur unterstützen, ist es denkbar möglich, dass wir auch künftig nur so einen geringen Anteil des verfügbaren Wassers benötigen.
Daher sehen wir es als äußerst wichtig an, Experten in den Bereichen Ökologie und Umweltschutz in Entscheidungsträgerpositionen zu haben.
Was hat Grundwasser mit dem verfügbaren Trink- und Leitungswasser zu tun?
Jedes Jahr kommt es in Österreich zu einer Niederschlagsmenge von durchschnittlich 1.190 mm pro Quadratmeter, wobei sich Gebiete entlang des Alpenhauptkamms durch hohe Regenmengen auszeichnen. In Teilen Westösterreichs gibt es mehr als 2.500 mm Niederschlag im Jahres-Durchschnitt, während im Nordosten Österreichs nur 600 mm oder weniger Niederschlag zu verzeichnen sind.
Welche Auswirkungen wirtschaftliche Interessen auf das Grund- und Trinkwasser einer Region haben, wird am Beispiel der Tesla Gigafactory Berlin Brandenburg sichtbar. In diesem Beitrag wird verständlich erklärt, was mit der verfügbaren Menge an Wasser passieren kann, wenn Eingriffe in die Natur und das Grundwasser vorgenommen werden. Auch Getränkehersteller, wie am Beispiel von Coca Cola, stehen im Fokus der Kritik, wirtschaftliche Interessen dem Allgemeinwohl und der Natur voranzustellen.
Das große Problem dabei ist, dass die Natur grundsätzlich viel verträgt (man spricht von Resilienz) und lange keine Mängel deutlich sichtbar sind. Aber wenn es zu spät ist, dann ist es eben zu spät und es hilft dann nichts zu sagen, das haben wir nicht wissen können. Daher ist es wirklich wichtig, auf die Zeichen und die Sprache der Natur zu hören, dies ernst zu nehmen und nicht zu missachten.
Daten aus Deutschland - Grundlage zur Besorgnis in Österreich?
Der deutsche Dürremonitor vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung deckt eine besorgniserregende Grundwasser-Bilanz der letzten Jahre auf. Alleine in den Jahren 2018 und 2019 war es vielerorts in Europa so trocken, wie schon lange nicht mehr. Dieser Umstand hat sich auch nicht verbessert, im Gegenteil, denn auch speziell im Osten von Österreich sind gewisse Tendenzen in diesem Bereich sichtbar.
Da die Republik Österreich noch über keinen derartigen Dürremonitor verfügt (Stand: Herbst 2022), muss man aktuell mit Schätzungen aus Deutschland arbeiten und Rückschlüsse daraus ziehen, wenn man die Entwicklungen in Österreich abschätzen will.