Die Reichweite von Elektroautos steigt stetig an. So hat sich speziell im Jahr 2023 in diesem Bereich so einiges getan. Auf der einen Seite hat die Elektromobilität zunehmend in der Kleinwagen- und Kompaktklasse zugelegt. Auf der anderen Seite konnte sich die Premium- und Oberklasse hinsichtlich Reichweite, Ladedauer und Effizienz erheblich steigern. So hat man zumindest den Eindruck. Wenn man allerdings etwas genauer hinsieht, dann relativieren sich speziell die WLTP-Wert-Angaben im Vergleich zur Realität doch noch deutlich.
Die Reichweite ist eines der Top-Argumente beim Kauf eines Elektroautos
Die Umweltfreundlichkeit steht bei den Argumenten für Elektroautos ganz oben. Aber dann reiht sich die Reichweite und Energieeffizienz bereits in das Ranking der Argumente für Elektroautos. Das war nicht immer so, sondern wurde durch zunehmende Entwicklung dieser Branche stetig weiter erarbeitet.
So können die zehn Elektroautos mit der größten Reichweite im Jahr 2023 mit bis zu 780 Kilometern (Mercedes EQS 450+ nach WLTP) pro Akkuladung fahren können. Im realen ADAC-Praxistest des Mercedes EQS 450+ waren es dann doch „nur“ 575 Kilometer, aber dennoch lässt sich das bei einer maximalen Schnellladedauer von nur 28 Minuten (Ladepunkt CCS 300 kW DC, durchschnittliche Ladeleistung von 173 kw), bis der Akku voll geladen war, gut argumentieren. Der einzige Wermutstropfen dabei ist der Anschaffungspreis. Der Mercedes EQS 450+ kostet knappe € 110.000,- und ist somit für einen Großteil der Bevölkerung nicht leistbar.
Und hier sind wir leider schnon beim Knackpunkt, wo die Reichweite und Effizienz von Elektrofahrzeugen im Jahr 2023 noch lange nicht dort angekommen ist, wo wir uns das wünschen würden – im leistbaren Kompakt- und Mittelklasse-Segment. Die zehn Elektroautos mit der höchsten Reichweite im Jahr 2023 sind allesamt nicht gerade preiswert und das sehen wir uns jetzt einmal etwas genauer an.
Elektroautos mit der größten Reichweite im Jahr 2023 und eine Voraussicht auf 2024
Zu den folgenden Angaben ist zu sagen, dass es sich hier um Richtwerte handelt, die je nach Beschaffenheit und Ausgangssituation variieren können. Keines der Fahrzeuge ist zeitgleich und stets auf der selben Strecke getestet worden. Die Range der jeweiligen Reichweite kann daher weitreichend sein. In diesem Beitrag wird auch kein Ranking im Sinne von 1 – 1 0 gemacht, sondern möglichst objektiv betrachtet.
Der Mercedes EQS 450+ verfügt nach eigenen Angaben über eine durchschnittliche Reichweite von 666 Kilometern pro Akkuladung, wenn das Fahrprofil auf 25 % Stadt / 40% Land / 35% Autobahn aufteilt und dabei die Klimaanlage eingeschalten hat. Dies erreicht das Fahrzeug aber auch nur bei einer optimalen Außentemperatur von 20 Grad Celsius. Bei frischen 0 Grad Celsius Außentemperatur fällt die Reichweite bereits auf 444 Kilometer. Die utopischen Angaben nach WLTP (780 Kilometer) sind in der Realität praktisch nicht erreichbar. Der Mercedes-Reichweiten-Simulator zeigt die Unterschiede deutlich auf.
Die Reichweite des Mercedes EQS 450+ bei 20 Grad Außentemperatur:
Die Reichweite des Mercedes EQS 450+ bei 0 Grad Außentemperatur:
Der BMW iX xDrive 50 hat nach eigenen Werksangaben eine durchschnittliche Reichweite nach WLTP von 633 Kilometern. Rein in der Stadt soll er bei sommerlichen Temperaturen sogar 720 Kilometer weit mit einer Akkuladen fahren können. Dafür reduziert sich im Winter die Reichweite bis auf 365 Kilometer, wenn man auf der Autobahn unterwegs ist. Laut der Statista-Statistik von E-Autos mit der größten Reichweite in Deutschland im Jahr 2023 führt der BMW iX xDrive 50 die Rangliste mit 610 Kilometern sogar an. In dieser Statistik scheint die Reichweite des Mercedes EQS auf Platz 2 mit 575 Kilometern Reichweite allerdings etwas gering auszufallen.
Das Tesla Model S mit einer Reichweite von 634 Kilometern nach WLTP ist das Tesla-Model mit der größten Reichweite. Da fragt man sich, wie beim auto motor sport-Test des Tesla Model S eine getestete Reichweite von nur 258 Kilometern zustande kommt und das bei nicht allzu schlimmen Bedingungen (120 km/h bei 13 Grad Außentemperatur). Dies ist auch wiederum ein Beweis dafür, wie breit die Reichweiten-Palette bei den jeweiligen Premium-Elektrofahrzeugen liegen kann.
Mit dem Nio ET7 hat der chinesische Automobil-Hersteller ein schlagkräftiges Argument. Die Reichweite nach WLTP für die 100 kWh-Akku-Version liegt bei 580 Kilometern, was mit der Realität aber auch nicht wirklich etwas zu tun hat. Die Range liegt hier von etwa 490 – 580 Kilometern, wobei bei diesen Angaben kein Bezug zu der Beschaffenheit vorliegt.
Aber ab dem Jahr 2024 soll der Nio ET7 mit Feststoffbatterie eine Reichweite von bis zu 1.000 Kilometern erreichen können. Wie und ob das auch wirklich gut funktionieren wird, ist jedoch noch offen.
Ein weiterer großer Benefit von Nio ist die Möglichkeit, die Akkus an den einzigartigen Batterie-Wechselstationen einfach tauschen zu lassen. Diesen Service gibt es allerdings momentan nur für die kleinen 75 kWh-Akkus (nicht für die großen 100 kWh-Akkus).
Autobatterie zum Kaufen oder zum Mieten
Für den Nio ET7 zahlt man mindestens knapp € 70.000,-. Bei diesem Preis fehlt aber noch ein wichtiges Detail: der Akku! Für den kleinen 75 kWh-Akku zahlt man zusätzlich € 12.000,- oder monatlich € 169,- (Mietvariante). Der größere 100 kWh-Akku kostet mit € 21.000,- ungleich mehr. Und auch als monatliche Mietvariante um € 289,- ist das alles andere als ein Schnäppchen – für die klassische Mittelschicht eigentlich nicht leistbar. Und es stellt sich die Frage, ob dieses Akku-Miet-und-Tausch-Geschäft sich in Zukunft auch wirklich durchsetzen wird können, zumal die Lebensdauer von Akkus aktuell bei 8 Jahren und 160.000 Kilometern (Akkugarantie) liegt. Bei guter Behandlung des Akkus kann dieser weit darüber hinaus auch noch verwendet werden. Hinsichtlich einer umweltbewussten Herangehensweise sollte das Akku-Tauschgeschäft nicht zu leichtfertig auf die leichte Schulter genommen werden.
Ab dem Jahr 2024 startet der chinesische Elektro-Spezialist Zeekr mit dem ZEEKR 001 in Deutschland durch. Zeekr ist eine Elektroauto-Marke des chinesischen Automobilherstellers Geely. Neben dem Landsmann Nio wird auch Zeekr die 1000 Kilometer Reichweiten-Marke in Angriff nehmen.
Nach aktuellem Kenntnisstand liegt die höchste Reichweite beim ZEEKR 001 Long Range RWD bei 620 Kilometern nach WLTP.
Für die Allgemeinheit absolut nicht zu bezahlen (€ 218.000,-) und mit einer Reichweite von 883 km nach WLTP steht der Lucid Air Dream Edition Range für Dekadenz im Öko-Mantel. Dieses Fahrzeug ist wiederum ein Beweis dafür, dass Reichweite und Effizienz seinen absolut überteuerten Preis haben muss. Aufgrund der Nichtleistbarkeit wird auf dieses fahrzeug nicht näher eingegangen.
Anmerkung zu den ermittelten Werten: All jene Werte sind durch Recherchearbeit der im Internet zur Verfügung stehenden Informationen nach besten Wissen und Gewissen ermittelt worden. Dabei ist aufgefallen, dass die Bewertungen in Bezug auf Realbedingungen bei den europäischen Anbietern viel genauer und ehrlicher kommuniziert werden, als bei den chinesischen Mitbewerbern, bei denen lediglich WLTP-Werte zu finden sind. Insofern wäre es nicht korrekt, einen direkten Vergleich zwischen asiatischen und europäischen Herstellern zu ziehen. Bei Tesla gibt es ebenfalls reale Testwerte.
Über die Elektroauto Reichweiten nach WLTP
Bei den WLTP-Angaben (Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicle Test Procedure) handelt es sich um aktuelle Kfz-Prüfverfahrenswerte, um den Treibstoffverbrauch, den CO2 – und Schadstoffausstoß bei Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeugen zu messen.
Dabei ergibt sich eine maximale WLTP-Reichweite bei geringerem Ausstattungsniveau, sowie eine minimale WLTP-Reichweite bei höherem Ausstattungsniveau.
Da es sich bei der Reichweite nach WLTP um einen Wert aus unterschiedlichen Zyklen (Stadt, Land, Autobahn) mit Serienausstattung und unter festgelegten Testbedingungen handelt, kann die jeweils praxisnahe Reichweite von der WLTP-Reichweite deutlich abweichen. Die praxisnahe Reichweite beinhaltet gegenüber WLTP unter anderem Sonderausstattungen, Nutzung von Nebenverbrauchern und diverse Zuladung.